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Totgeburt

Achtung Triggerwarnung

Auf dieser Seite informieren wir detailliert über die derzeit gültige Gesetzeslage bei einer Totgeburt hinsichtlich folgender Aspekte: Hebammenbetreuung, Arbeitsrecht, Bestattungsrecht (für das Bundesland Steiermark), Personenstandsrecht und Erbrecht.

Leider lassen sich dabei Formulierungen und Reizwörter, die für Betroffene ev. befremdlich und triggernd wirken können, schwer vermeiden. ​​​​Lies diesen Abschnitt am besten also nur, wenn du dich psychisch dafür gerade in der Lage fühlst oder lass dich durch eine vertraute Person dabei unterstützen.

Rechtliche Definition einer Totgeburt nach dem Hebammengesetz

Bei einem Geburtsgewicht des Kindes über 500g und keinerlei Lebenszeichen zum Zeitpunkt der Geburt, spricht der Gesetzgeber von einer Totgeburt.

Das Geburtsgewicht von 500g wird üblicherweise in der 23. Schwangerschaftswoche erreicht. Die rechtliche Definition bezieht sich hier aber lediglich auf das Gewicht, nicht auf das Stadium der Schwangerschaft oder den Entwicklungsstand des Kindes.

Eine Totgeburt wird in vielen Rechtsbereichen ähnlich einer Lebendgeburt behandelt (etwa in Hinblick auf das Mutterschutzgesetz und sozialversicherungsrechtliche Leistungen für die Mutter), in anderer Hinsicht gibt es allerdings wesentliche Unterschiede.

Hebammenbetreuung

Sozialversicherungsrechtlich gilt die Totgeburt (anders als die Fehlgeburt) als „Versicherungsfall der Mutterschaft“. Es werden also regelmäßig von der Sozialversicherung Kosten der Hebammenbetreuung bei der Geburt und allenfalls auch vor und nach der Geburt übernommen.

Arbeitsrecht

Auch im Falle einer Totgeburt besteht nach herrschender Ansicht¹ ein Beschäftigungsverbot für die Mutter bis zum Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung, das sich allenfalls – abhängig vom Geburtstermin und anderen Umständen (Frühgeburten, Mehrlingsgeburten, Kaiserschnittgeburten) verlängern kann. 

Auch besteht nach der Geburt ein Kündigungs- und Entlassungsschutz. Die Dienstnehmerin kann bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung nur mit vorheriger gerichtlicher Zustimmung gekündigt oder entlassen werden.

 

Eine Kündigung nach diesem Zeitraum in Zusammenhang mit einer Geburt kann allenfalls aus anderen Gründen bekämpft werden (etwa, wenn diese Kündigung eine Diskriminierung nach dem Gleichbehandlungsgesetz darstellt³), dies erfordert aber eine rechtliche Prüfung im Einzelfall.

¹ Julia Hutter, Beschäftigungsverbote für Mütter nach der Geburt, ecolex 2009, 621.

² Beatrix Krauskopf, Tot- und Fehlgeburten im Leichen- und Bestattungsrecht, RdM 2011/3

³ Vgl dazu den Sachverhalt zu OGH 27.02.2014, 8 ObA 81/13i: „Als die Klägerin dann in weiterer Folge eine Fehlgeburt erlitt und drei Wochen im Krankenstand war, wurde sie wenige Tage nach ihrer Rückkehr aus dem Krankenstand am 13. 11. 2009 zum 31. 12. 2009 gekündigt. Ihr wurde als Grund angegeben, dass das Kind, das sie verloren hatte, ein Wunschkind gewesen sei und es daher wahrscheinlich sei, dass sie wieder schwanger werde und mit Komplikationen zu rechnen sei.“

Bestattungsrecht (für das Bundesland Steiermark)

Auch im Falle einer Totgeburt gibt es eine Bestattungspflicht. Das bedeutet, dass die Leiche des Sternenkindes rechtlich im Wesentlichen behandelt wird, wie jede andere Leiche eines Menschen. Die Leiche muss pietätvoll behandelt werden und zwingend bestattet oder eingeäschert werden. Wird der Bestattungspflicht nicht entsprochen, erfüllt dies regelmäßig einen Verwaltungsstraftatbestand, und allenfalls auch den gerichtlichen Straftatbestand der „Störung der Totenruhe“ gemäß § 190 StGB.

 

Die Entscheidung darüber, wie verfahren werden soll (welche Bestattungsart, welcher Bestattungsort, Einäscherung, etc.) obliegt grundsätzlich den nächsten Verwandten des Sternenkindes, im Regelfall also der Mutter. Treffen diese keine Verfügungen, hat entweder die Gemeinde oder das Anatomische Institut der Universität Graz (welches davor die Leiche für Forschungs- bzw. Lehrzwecke nutzen kann) der Bestattungspflicht zu entsprechen und eine Bestattung in die Wege zu leiten, wobei es im Falle einer Fehl- oder Totgeburt auch zu einer Sammelbestattung kommen kann. Einzelne Gemeinden (wie etwa die Stadt Graz) unterhalten hierfür eigene Sammelgräber.

 

Das Gesetz sieht keine exakte Frist für Angehörige vor, Verfügungen für die Bestattung zu treffen. Das Gesetz sieht jedoch grundsätzlich vor, dass eine Bestattung binnen 7 Tagen durchzuführen ist – daher sind entsprechende Verfügungen von Angehörigen rasch zu treffen. Es ist daher dazu zu raten, so schnell wie möglich allen Beteiligten (dem Krankenhaus, den beigezogenen Ärzt*innen und Hebammen) klar zu kommunizieren, wenn man selbst eine Bestattung oder Einäscherung organisieren will.

 

Eine Obduktion wird im Regelfall nur dann durchgeführt, wenn diese gerichtlich oder behördlich angeordnet wurde oder die Angehörigen zustimmen. Bei einer Totgeburt in einer Krankenanstalt kann aber unter bestimmten Umständen (§§ 25 und § 40 Abs 1 lit b KaKuG) eine Obduktion auch ohne Zustimmung der Angehörigen durchgeführt werden. Äußern die Angehörigen jedoch einen Widerspruch gegen diese Obduktion, so sind die Interessen der Angehörigen mit den öffentlichen Interessen an der Durchführung einer Obduktion abzuwägen.⁴

Trifft man selbst Verfügungen für die Bestattung hat man grundsätzlich dieselben Möglichkeiten wie bei jedem anderen Todesfall eines Angehörigen. Möglich sind eine Erdbestattung, eine Beisetzung in einer Gruft, und die Einäscherung.⁵ Erdbestattung darf nur auf einem Friedhof erfolgen. Eine Beisetzung in einer Gruft kann in Ausnahmefällen in einer individuell genehmigten Begräbnisstätte außerhalb eines Friedhofes erfolgen. Im Falle einer Einäscherung ist die Asche jedenfalls in einer Urne zu versiegeln und ist die Urne dann auf einem Friedhof, in einem Urnenhain oder in einer Urnenhalle beizusetzen oder zu verwahren. Die Kosten für die jeweils gewählte Bestattungs- bzw. Aufbewahrungsform unterscheiden sich stark, grundsätzlich kann jeder Bestatter die Preise für seine Dienstleistungen frei wählen.

 

Es besteht auch die Möglichkeit, mit individueller Genehmigung der Gemeinde, in der die Urne beigesetzt oder verwahrt werden soll, die Urne auch außerhalb eines Friedhofes, eines Urnenhaines oder einer Urnenhalle beizusetzen oder zu verwahren. So ist es etwa auch möglich, eine Urne bei sich zu Hause zu verwahren. Es empfiehlt sich aber jedenfalls – da das Gesetz keine detaillierten Vorgaben macht – vorab mit der zuständigen Gemeinde Kontakt aufzunehmen, und sich zu erkunden, welche Unterlagen hierfür erforderlich sind. Üblicherweise wird es notwendig sein, eine fotografische Dokumentation des geplanten Aufbewahrungsortes der Gemeinde zu übermitteln.

⁴ EGMR 20.7.2021, 12886/16 (Polat gg Österreich), NLMR 2021, 339.

⁵ Außerhalb der Steiermark sind auch andere Bestattungsformen möglich – so besteht etwa in Niederösterreich die Möglichkeit einer Beisetzung einer Urne oder Aschenkapsel in Gewässern mit individueller Bewilligung. Soll eine Bestattung in einem vom Bundesland des Todesortes abweichenden Bundesland erfolgen, sind die rechtlichen Voraussetzungen jeweils im Einzelfall abzuklären.

Personenstandsrecht

Die Totgeburt ist der Personenstandsbehörde (Standesamt) anzuzeigen (spätestens am auf die Totgeburt folgenden Werktag) und wird im Sterbebuch beurkundet. Die Anzeige erfolgt regelmäßig automatisch durch die Krankenanstalt. 

 

Erbrecht

Es kommt zu keinem Verlassenschaftsverfahren.

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